Spendable Eltern im Milliardenmarkt

Köln – Nur das Beste für den Nachwuchs: Diese Einstellung

vieler Eltern sorgt für große Ausgaben zugunsten der Kleinsten und

für einen wachsenden Milliardenmarkt. Experten beobachten zudem einen

zunehmenden Hang zum Noblen und Teuren.

Das lässt die Kassen noch

zusätzlich klingeln. Eltern kaufen Hochpreisiges und Markennamen,

«weil das für sie Sicherheit, Orientierung und Kompass bedeuten

kann», sagt Marktforscherin Birgit Langebartels vom Kölner

Rheingold-Institut.

Zunächst die Zahlen: Allein für die Ausstattung von Babys und

Kleinkindern haben Eltern 2017 gut 2,5 Milliarden Euro ausgegeben –

für Autositze, Kinderwagen oder Spielzeug in den ersten drei

Lebensjahren. Das waren zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Und es

bedeutet Ausgaben von 1100 Euro pro Junge und Mädchen bis drei Jahre,

rechnet der Handelsverband Spielwaren BVS vor. Immer öfter verdienten

beide Eltern. «Dann ist mehr Geld für Kinder- und Babyausstattung

da», erläutert BVS-Vize Steffen Kahnt vor der weltgrößten Messe für

Kinderausstattung
«Kind+Jugend» (20. bis 23. September).

Sogar 7,3 Milliarden Euro umfasst der Markt, wenn man alle Ausgaben

für Jungen und Mädchen bis 14 Jahre einrechnet, erklärt Michael

Neumann vom Bundesverband der Kinderausstattungs-Hersteller (BDKH). «Es wird teuer gekauft.» Aus Gründen der Sicherheit, sagt

der Vorstand des BDKH.

Aber es steckt noch mehr dahinter. Warum also greifen viele Eltern

für ihren Nachwuchs so tief in den Geldbeutel? «Kinder sind mehr denn

je Ausdrucksform und Projekt der Eltern geworden», glaubt

Langebartels. In einer Gesellschaft der «unfassbaren Möglichkeiten»

fühlten sich viele Eltern auch unter Druck und verunsichert.

Zwar können nicht alle sich das leisten, viele Kinder leben in

einkommensarmen Familien. Aber die Schwäche für Teures und

Markenware sei nicht nur auf die besonders kaufkräftige Oberschicht

beschränkt, stellt die Expertin klar: «Mittelschicht-Kinder haben

heute eine paradiesische materielle Grundausstattung.» Eltern wollten

maximale Förderung und optimale Chancen für ihre Kinder. «Sie sind

bereit, viel Geld auszugeben. Eltern zeigen damit ihre Fürsorge, auch

nach außen.»

Welchen Anteil die besonders teuren Produkte am Gesamtmarkt haben,

ist Langebartels zufolge statistisch nicht erhoben. Aber es zahle

sich für Industrie und Handel aus. Die Tendenz sei stark und seit

einigen Jahren zu beobachten. In der extrem breitgefächerten Branche

– vom Schnuller bis zum Prinzessinnen-Bettchen – ließen sich solche

Erhebungen nicht machen, meint Kahnt vom BVS.

Fest steht: Das Flaggschiff ist die Kinderkutsche. «Kinderwagen sind

auch elterliche Ausdrucksformen. Die Suche dauert oft unfassbar

lange», weiß Langebartels. «Der Kinderwagen ist das Bild nach außen.»

Luxus- und Markenangebote ziehen auch, weil «man in der eigenen Peer

Group nicht als «Underperformer» erkennbar werden will», ergänzt

Kai-Uwe Hellmann, Marktforscher aus Berlin. Dazu passen ein

6000-Euro-Kinderwagen oder eine ganz in Samt ausgekleidete

Luxus-Babywiege für 1135 Euro – beide werden nun bei der

«Kind+Jugend» präsentiert. Die Messe wächst jedes Jahr, rund 1250

Anbieter aus 53 Ländern kommen diesmal ab 20. September.

Und was sagen die Eltern? «Der Kinderwagen ist für viele ganz klar

ein Statussymbol», meint Philipp Schulz, junger Vater von Zwillingen.

«Man muss schon einen sauteuren Kinderwagen haben, wenn man durch

Berlin schieben will oder sonst durch eine Großstadt.» Die Devise bei

den Klamotten lautet: «Biobaumwolle, wenn es direkt an der Haut ist.»

Beim Spielzeug soll es hochwertig zugehen. Und wie sind all die

teuren Sachen finanzierbar? Tipp: «Zum Kindergeburtstag bei Onkel,

Tante und Großeltern Wunschlisten abgeben.»

Fotocredits: Oliver Berg
(dpa)

(dpa)

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