Warum Knausrigkeit Beziehungen zerstört

Lahnstein – Ob «Der Geizige» von Molière, Ebenezer Scrooge aus der «Weihnachtsgeschichte» oder gar Disneys Dagobert Duck – Geizhälse spielen in der Literatur eine herausragende Rolle. Und in ihrem – wenn auch häufig überzeichneten – Verhalten steckt ein wahrer Kern.

«Geizige sind vielfach eher traurig und einsam», sagt Anton Bucher, Professor für Religionspädagogik an der Universität Salzburg. Er hat ein Buch über die Psychologie der sieben Todsünden verfasst, zu denen unter anderem Geiz zählt. Zudem seien extrem sparsame Menschen sehr auf sich selbst fixiert. Tatsächlich kann sich daraus eine Abhängigkeit, eine Sucht entwickeln, meinen Experten.

Häufig sähen sehr sparsame Menschen nicht ein, warum sie für schöne Dinge, die ihnen Genuss bieten, viel Geld ausgeben sollen, ergänzt Paartherapeut
Jörg Wesner. Doch nicht nur das. Unser Umgang mit Geld spiegelt ferner unser Verhalten in Gefühlsdingen – uns selbst und anderen gegenüber, wie Paartherapeut Mathias Jung erklärt. Kein Wunder also, dass Geiz einer der größten Beziehungskiller ist. Gerade für Frauen ist Habsucht ein No-Go, hat die Umfrage einer Partnervermittlungsagentur herausgefunden.

Doch woher kommt dieser Geiz? Eine Rolle könnte den Experten zufolge die Kindheit spielen. Denn den Umgang mit Geld lernen wir von unseren Eltern, erläutert Jung. Gibt es zum Beispiel häufig Geschenke ohne Anlass? «In manchen Familien wird Geld nie thematisiert, weil immer genug da ist», gibt Wesner zu Bedenken. Andere müssen einfach sparsam sein, um zu überleben.

Lässt sich Geiz also wieder abtrainieren? «Es kann Ereignisse im Leben geben, die das Verhalten ändern», sagt Bucher. Grenzerfahrungen wie etwa eine schlimme Krankheit ließen soziale Werte wichtiger werden.

Für eine Beziehung heißt das: Treffen unterschiedlich sozialisierte Menschen aufeinander, werden sie das Thema Geld sehr emotional verhandeln. «Einer bekommt Angst beim Geldausgeben, der andere wird sich eingeschränkt fühlen», weiß Wesner. In so einem Fall sei es wichtig, sich der eigenen Sozialisation bewusst zu werden. Beide Partner sollten sich dann überlegen, wie sie gerne mit Geld umgingen, wären sie alleine.

Anschließend erarbeitet das Paar einen für beide praktikablen Lösungsvorschlag. «Nur so kommt man aus dem Machtkampf raus», sagt Wesner. Beispielsweise könne derjenige, der Wert auf Ästhetik lege, die Einrichtung bezahlen, der andere die Urlaube.

Jung empfiehlt strikte Regeln. Ein gemeinsames sowie ein jeweils eigenes Konto können da helfen. Falls einer nicht voll arbeitet, müsse dafür eine Ausgleichszahlung festgelegt werden. Selbst kleine Geschenke oder Aufmerksamkeiten würden so ausgehandelt. Restaurantrechnungen könnten abwechselnd bezahlt werden, schlägt Jung vor.

Bei allen Verhandlungen sei es wichtig, sich in den anderen hineinzuversetzen, rät Bucher, und nicht belehren zu wollen. Schon der Begriff Geizkragen sei eine Entwertung, legt Wesner dar.

Aber Vorsicht vor faulen Kompromissen. «Manche Partner behaupten, sich einig zu sein, sind dabei aber nicht wirklich ehrlich», sagt Wesner. Ein Partner könnte dann übertrieben und demonstrativ großzügig werden, um den anderen zu übertrumpfen. Falls sich das herausstellt, sollte man unbedingt noch einmal über das Thema reden.

Niemand muss jedoch sein Glück allein vom Partner abhängig machen. Warum also nicht für sich selbst sorgen und sich Dinge gönnen anstatt sie vom anderen einzufordern, meint Jung. «Wenn der andere sich zum Beispiel gar nicht darauf einlassen kann zu feiern, ist man besser dran, mit Freunden oder alleine wegzugehen», macht Wesner deutlich.

Literatur:

Anton A. Bucher: «Geiz, Trägheit, Neid & Co. in Therapie und Seelsorge: Psychologie der 7 Todsünden», Springer, 232 Seiten, 34,99 Euro, ISBN-13: 9783642049064.

Fotocredits: Christin Klose,Hans-Christian Gruber,Fotostudio Roeder-Moldenhauer,Mareike Suhn
(dpa/tmn)

(dpa)

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