Das sind die ersten Schritte bei Pflegebedürftigkeit

Berlin – Wird jemand pflegebedürftig, haben die Angehörigen Anspruch auf Unterstützung. Jedenfalls theoretisch. In der Praxis sind viele mit der Situation überfordert.

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen etwa ließ das Umfrageinstitut Forsa Anfang 2018 nachfragen, wie gut sich pflegende Angehörige informiert fühlen. Das Ergebnis: Wer sich nicht selbst kümmert, wird kaum beraten. Und wer im Internet nachliest, bleibt oft dennoch ratlos zurück. Eugénie Zobel-Kowalski, Juristin und Redakteurin bei der Stiftung Warentest, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist als Erstes zu tun, wenn jemand pflegebedürftig wird?

Sobald sich so eine Situation abzeichnet, ist ein Anruf bei der Pflegekasse sinnvoll. Dort stellt man telefonisch einen Antrag auf Pflegebedürftigkeit. Die Formulare für den schriftlichen Antrag werden zugeschickt. Sind die ausgefüllten Formulare bei der Kasse eingegangen, meldet sich der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), um die Situation zu begutachten.

Was genau begutachtet der MDK?

Wie selbstständig jemand noch agieren kann. Der Gutachter schaut also beispielsweise, wie weit sich der potenziell Pflegebedürftige noch herunterbeugen kann, wie gut seine Motorik noch funktioniert und ob eine Demenzerkrankung vorliegt. Dabei ist es wichtig, nichts zu beschönigen. Denn auf der Grundlage des Gutachtens legt der MDK den sogenannten Pflegegrad fest.

Mit wie viel finanzieller Unterstützung kann man rechnen?

Das kommt auf den Pflegegrad an. Im Pflegegrad eins etwa gibt es nur einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro. Er soll zum Beispiel einen Verdienstausfall von einem pflegenden Angehörigen ausgleichen. Im höchsten Pflegegrad sind es 901 Euro. Wer einen ambulanten Pflegedienst beauftragt, bekommt mehr: 689 Euro im Pflegegrad zwei und 1995 Euro im Pflegegrad fünf. Die Kasse rechnet mit einem Pflegedienst direkt ab. Den Entlastungsbetrag von 125 Euro pro Monat gibt es dann zusätzlich.

Welche Frage sollten sich Angehörige als Erstes stellen?

Sinnvoll ist, zunächst zu schauen, ob eine Pflege zu Hause möglich ist: Ist die Wohnung barrierefrei? Wenn nicht – lässt sie sich entsprechend anpassen? Und natürlich: Wer könnte die Pflege zu Hause übernehmen? In einer Krisensituation kann man eine Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim nutzen, um solche Dinge zu klären. Dort wird der Pflegebedürftige für eine bestimmte Zeit – maximal 56 Tage binnen eines Jahres – untergebracht. Danach können beide Seiten weitersehen.

Wo können sich Pflegebedürftige und Angehörige beraten lassen?

Die Pflegekassen bieten selbst Beratung an oder können Stellen vermitteln, die das tun. Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) listet kostenlose und unabhängige Beratungsstellen auf. Unter der Nummer 030/20179131 erreichen Angehörige von Montag bis Donnerstag jeweils zwischen 9.00 und 18.00 Uhr zudem das Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums. Auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland berät zu diesen Themen.

Wo gibt es Hilfe, wenn es um die Anpassung der Wohnung geht?

Hier hilft die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung weiter, ein Zusammenschluss von Wohnberatern. Solche spezialisierten Berater kommen nach Hause und schauen gemeinsam mit den Betroffenen, welche Umbauten möglich sind – und wie sie am besten umgesetzt werden. Es gibt kostenlose und kommerzielle Angebote. Ein Preisvergleich lohnt sich.

Was ist bei der Wahl des richtigen Pflegeheims zu beachten?

Das Wichtigste ist, sich selbst ein Bild zu machen. Nur aufgrund der Informationen auf der Internetseite etwa sollte niemand ein Pflegeheim auswählen. Stattdessen macht man am besten einen Termin mit der Heimleitung und lässt sich herumführen. Die Leitung kann man etwa fragen, wie sie mit Beschwerden umgeht. Beim Rundgang unbedingt auch Bewohner ansprechen, und möglichst auch einmal mit den anderen essen. Sinnvoll ist auch, noch mal ohne Termin wiederzukommen. Kommt ein Heim infrage, lohnt sich ein Probewohnen.

Fotocredits: Stiftung Warentest
(dpa/tmn)

(dpa)

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