Die Ehe ist für alle da – ab Oktober

Berlin – Am 1. Oktober ist es soweit. Dann dürfen schwule und lesbische Paare in Deutschland heiraten. Und zwar richtig. Es geht nicht um eine Lebenspartnerschaft, um ein abgeschwächtes Modell, sondern um die «echte» Ehe. Mit allen Rechten und Pflichten. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was genau ändert sich?

Beschlossen ist eine Änderung im
Bürgerlichen Gesetzbuch, die am 1. Oktober in Kraft tritt. In Paragraf 1353 steht dann: «Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.» Es dürfen also nicht mehr nur Mann und Frau heiraten, sondern auch Mann und Mann oder Frau und Frau.

Wie war die Rechtslage für Schwule und Lesben bislang?

Seit 2001 konnten sie in Deutschland nur eine Lebenspartnerschaft amtlich eintragen lassen, eine Art «Ehe light». Unterschiede zur Ehe, etwa im Miet-, Erb- und Steuerrecht, wurden über die Jahre zwar beseitigt – oft erst auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts. Aber es blieben Benachteiligungen. Die größte war zuletzt, dass Lebenspartner nicht gemeinsam Kinder adoptieren durften.

Dürfen sie das ab Oktober?

Ja. Eine Änderung des Adoptionsrechts ist dafür nicht nötig. Denn dort sind die Vorgaben allgemein auf «Ehepaare» zugeschrieben. Sobald ein schwules oder lesbisches Paar verheiratet ist, können die Ehepartner gemeinsam ein Kind adoptieren wie heterosexuelle Paare auch – wenn sie denn die nötigen Voraussetzungen erfüllen.

Werden aus Lebenspartnern ab dem 1. Oktober automatisch Eheleute?

Nein. Die Umwandlung erfolgt nur auf Wunsch. Beide Partner müssen gemeinsam auf dem Standesamt erklären, dass sie künftig eine Ehe auf Lebenszeit führen wollen.

Werden auch künftig noch Lebenspartnerschaften eingetragen?

Nein. Im
Gesetz zur Öffnung der Ehe heißt es: «Lebenspartnerschaften können ab Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr begründet werden.» Bereits eingetragene Lebenspartnerschaften bleiben aber bestehen, wenn die Betroffenen keine Umwandlung in eine Ehe wollen. Nur kommen eben keine neuen Lebenspartnerschaften mehr hinzu.

Gibt es einen Ansturm auf die Standesämter?

In Deutschland lebten nach dem jüngsten Mikrozensus 2015 rund 94 000 homosexuelle Paare zusammen, 43 000 von ihnen in eingetragenen Lebenspartnerschaften. In den Standesämtern sind nun zwar schon viele Anmeldungen von homosexuellen Paaren eingegangen. Das ergab eine dpa-Umfrage unter zahlreichen Standesämtern in Deutschland. Von einem Ansturm wollen die meisten Ämter aber nicht sprechen. Es gebe bislang auch mehr Anmeldungen für Umwandlungen bestehender eingetragener Lebenspartnerschaften als für neue Eheschließungen.

Gibt es praktische Probleme bei der Umstellung?

In den Eheregistern kann die gleichgeschlechtliche Ehe erst ab dem 1. November 2018 richtig erfasst werden. Bis dahin gibt es dort laut Innenministerium nur die bisherigen Einträge «Ehemann» und «Ehefrau». Das heißt, bei schwulen und lesbischen Paaren wird vorerst jeweils einer der beiden an falscher Stelle einsortiert. Gerhard Bangert vom Bundesverband der deutschen Standesbeamten spricht von einem Versäumnis im Gesetzgebungsverfahren. Nötig sei eine weitere Gesetzesänderung, die frühestens im nächsten Jahr in Kraft treten könne. In Regierungskreisen ist nicht jeder froh, dass es mit dem Gesetz am Ende so schnell ging. Dort heißt es, mit etwas mehr Zeit und Sorgfalt im
Gesetzgebungsverfahren wäre das Problem mit dem Eheregister ausgeblieben. Den Trauungen schwuler und lesbischer Paare ab dem 1. Oktober steht dieses formale Problem aber nicht im Weg.

Warum kam das Gesetz nach jahrzehntelanger Diskussion so plötzlich?

Ende Juni rückte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) überraschend vom klaren Nein der CDU in dieser Frage ab und sprach auf einmal von einer «Gewissensentscheidung». Die übrigen Fraktionen im Bundestag machten daraufhin Druck, um eine schnelle Entscheidung im Bundestag zu erreichen. Kurz darauf votierte das Parlament in offener Abstimmung mit großer Mehrheit für die Öffnung der Ehe.

Kann das Ganze noch scheitern?

Bayern prüft eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Landesregierung dort hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. In ihrem Auftrag sollen nun Experten die Rechtslage klären – und die möglichen Chancen für eine Klage in Karlsruhe. Ob das Gesetz vor Gericht landet, ist also noch unklar. Und selbst wenn: Heiraten können Schwule und Lesben ab dem 1. Oktober so oder so.

Fotocredits: Britta Pedersen
(dpa)

(dpa)

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