Hilfe für Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern

Berlin – Wenn Wolfgang Vella «seine» Familie besucht, rennt ihm die dreijährige Tochter meist gleich entgegen und herzt ihn. Ein schöner Moment für den 56-Jährigen.

Trotzdem schwingt die Endlichkeit ihrer Beziehung immer mit, sagt er: «Ich weiß, dass die Kleine sterben wird.» Dass ihn das sehr mitnehmen wird, weiß er auch. Dennoch geht er seinem Zweitjob gerne nach. Als ehrenamtlicher Familienhelfer unterstützt Vella die Familie eines lebensverkürzend erkrankten Mädchens.

Weil die Dreijährige in erster Linie ihre Eltern braucht, hilft Vella, indem er sich um die älteren Söhne kümmert. Sieben und zehn Jahre alt waren die, als er in die Familie kam. «Am Anfang war es schwierig», erinnert er sich. Der Siebenjährige wollte wissen, was passiert, wenn seine Schwester mal nicht mehr da ist. Ob Vella dann bei ihnen bleibt.

Mit solchen Situationen umzugehen, ist gar nicht so leicht. Deswegen machen ehrenamtliche Familienbegleiter wie Wolfgang Vella eine Ausbildung. Er absolvierte sie bei der Björn-Schulz-Stiftung in Berlin. Der Kurs umfasst 100 Stunden, in denen die Teilnehmer zum Beispiel erfahren, wie eine Sterbebegleitung aussieht. «Der Bestatter kommt und erklärt, welche Möglichkeiten es gibt, ein Kind zu beerdigen.» Eine Seelsorgerin berichtet, wie unterschiedlich betroffene Familien mit ihrem Schicksal umgehen. Außerdem werden die Teilnehmer in Sachen Kommunikation geschult.

«Wir haben zum Beispiel Rollenspiele gemacht, in denen einer die Rolle der Eltern übernahm, einer die des Kindes und einer die des Begleiters», sagt Vella. So lernen die späteren Begleiter zum Beispiel, mit den Ängsten von Geschwisterkindern umzugehen, wie Vella sie anfangs in der Familie erlebte.

Der Familienbegleiter kann den beiden Jungs weder die Angst davor nehmen, dass sie ihre Schwester verlieren, noch ihre gelegentliche Wut auf die Situation. Was er aber tun kann: da sein. «Ich gehe einmal in der Woche mit den Jungs klettern.» Es sind auch andere Geschwister von schwer erkrankten Kindern dabei. Die Klettergruppe wird von der Björn-Schulz-Stiftung organisiert.

Vella fühlte sich durch die Ausbildung dort gut auf seinen Einsatz vorbereitet. Viele Fragen stellen sich allerdings erst während der Begleitung. Deshalb trifft er alle drei Monate eine Koordinatorin der Stiftung. «Mit ihr kann ich reflektieren, was ich erlebt habe – und gemeinsam nach Lösungswegen aus schwierigen Situationen suchen.»

Bislang stand er allerdings noch nie vor größeren Problemen. «Seine» Familie sei unheimlich stark und trotz allem ein super Team, sagt er. «Mich bereichert die Arbeit sehr.» Ob er neben seinem Vollzeitjob in einer Blindenschule und den ehrenamtlichen Einsätzen noch genügend Zeit für sich hat? «Wieso? Wenn ich mit den Jungs einen Ausflug mache, dann ist das für mich Freizeit.»

Fotocredits: Björn-Schulz-Stiftung
(dpa/tmn)

(dpa)

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