Private Spielgruppen oder doch zu Oma?

Berlin – Kein Spielplatz, kein Kontakt zu Kindern aus anderen Haushalten, kein Besuch bei den Großeltern: Die strengen Corona-Kontaktbeschränkungen gelten auch für Kinder.

Doch nicht alle Familien, die von den geschlossenen Kitas betroffen sind, können sich daran halten. Experten erklären, welche Verstöße besonders riskant sind – und welche Beschränkungen Kindern besonders zu schaffen machen.

– Trotz aller Warnungen: Gerade berufstätige Eltern sehen mitunter keine andere Möglichkeit, als mit Freunden oder Nachbarn PRIVATE SPIELGRUPPEN zu organisieren. In solchen Gruppen steige natürlich das Infektionsrisiko, sagt der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. «Selbst, wenn die Kinder immer dieselben sind, wechseln sich ja in der Regel die Eltern mit der Betreuung ab. Und die arbeiten zum Teil oder haben noch andere Kontakte.» Gleichzeitig sei fehlender Kontakt zu Gleichaltrigen eine große Belastung für Kinder, erklärt Björn Köhler, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. «Kinder lernen sehr stark in ihrer «Peer Group» – also von und mit anderen Mädchen und Jungen.» Einzelkinder treffe die derzeitige Situation in dieser Hinsicht besonders hart.

– SPIELPLÄTZE sind geschlossen, aber hier und da kriecht dann doch mal ein Kind unterm Absperrband hindurch. Aus medizinischer Sicht sei es erst einmal kein allzu großes Problem, wenn ein Kind beispielsweise alleine auf dem Spielplatz schaukele, erklärt Schmidt-Chanasit. Von Schmierinfektionen gehe aller Wahrscheinlichkeit nach kein großes Risiko aus. «Aber natürlich kommen auf Spielplätzen in der Regel mehrere Kinder zusammen – und das ist dann das Problematische.» Abstandsregeln seien auf einem öffentlichen Spielplatz viel schwieriger zu kontrollieren als in einer Kita. «Deshalb glaube ich, ist es wichtiger, Schritt für Schritt mit der Kita-Öffnung voranzugehen.»

– Beschäftigungsmöglichkeiten in den eigenen vier Wänden sind begrenzt und so landet so manches Kind in diesen Tagen deutlich öfter VOR DEM FERNSEHER als normalerweise. Fernsehen sei nicht per se schlecht, sagt der Sozialarbeiter Köhler. «Es gibt auch sehr gute Fernsehangebote für Kinder, manche Sender haben jetzt auch ihr Bildungsprogramm aufgestockt.» Eltern müssten sich aber genau damit befassen, was die Kinder anschauen. «Das heißt, es ist nicht nur eine Entlastung.» Außerdem sei Ausgleich wichtig. Denn: «Wer vor dem Fernseher sitzt, der bewegt sich natürlich auch nicht.»

– Weil GROßELTERN aufgrund ihres Alters oft zur Risikogruppe gehören, wird von Besuchen bei ihnen abgeraten. Aber nicht alle Eltern können auf die Unterstützung von Oma und Opa verzichten. «Wie viel Ansteckungsgefahr von infizierten Kindern ausgeht, kann man momentan noch nicht sicher sagen», sagt Schmidt-Chanasit. Wie stark ein Kind darunter leidet, die Großeltern nicht sehen zu dürfen, hänge davon ab, wie eng die Bindung vorher war, sagt Köhler. «Wenn Oma und Opa wichtige Bezugspersonen sind, dann kann das Sicherheits- und Bindungsgefühl des Kindes gestört werden.» Dann sei es wichtig, unter Einhaltung der Sicherheitsregeln irgendwie einen Kontakt zu ermöglichen – beispielsweise durch ein Skype-Telefonat.

– Die aktuelle Situation verlangt nicht nur Kindern viel ab, sondern auch Eltern. Das kann zu Überforderung führen. Köhler hält deshalb den Ausbau von BERATUNGSANGEBOTEN für einen wichtigen Schritt. «Wenn Eltern unter Druck stehen, zum Beispiel finanzielle Sorgen haben, dann kann sich das auf die Kinder übertragen», erklärt er. «Kinder sind sehr feinfühlig, wenn es ihren Eltern nicht gut geht. Dann kann es passieren, dass sie sich bewusst oder unbewusst fragen, ob sie daran schuld sind und sogar depressives Verhalten an den Tag legen.» Überforderung von Eltern könne in den schlimmsten Fällen auch zu Kindeswohlgefährdung und Vernachlässigung führen.

Fotocredits: Julian Stratenschulte
(dpa)

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