Bei Anruf Betrug – Falsche Polizisten ziehen Senioren ab

Düsseldorf – Ein Anruf, warnende Worte – und ein vermeintliches Hilfsangebot: Die Masche von sogenannten falschen Polizisten funktioniert meist nach demselben Prinzip. Ihr Ziel: Geld und Wertgegenstände.

Die Täter agieren dabei deutschlandweit, wie es beim
Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden heißt. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden von Januar bis März mindestens knapp 1200 Fälle gemeldet – fast doppelt so viele wie in den drei Monaten zuvor. Das Landeskriminalamt (LKA) geht bei diesen Delikten zudem von einer hohen Dunkelziffer aus.

Wie schon beim «Enkeltrick» werden ältere Menschen als potenzielle Opfer ausgewählt. «Die Täter suchen im Telefonbuch nach Namen, die auf ein hohes Alter schließen lassen», erklärt LKA-Sprecher Mario Lorenz. Sie würden dann zum Beispiel behaupten, der Angerufene stehe auf einer Einbruchsliste von Kriminellen. Ein Kollege werde kommen und Wertgegenstände zur sicheren Verwahrung abholen. Eine andere Masche: Auf dem Konto des Opfers liege angeblich Falschgeld, das überprüft werden müsse.

Eine weitere Betrugsmasche ist die Aufforderung von vermeintlichen Bankmitarbeitern, die Geheimzahl vom Girokonto preizugeben. Die Initiative Euro Kartensysteme warnt vor dieser Art von Schwindel. Angestellte von Sparkassen und Banken, oder Polizisten, würden nie die PIN der Girokarte abfragen. Ist die Girokarte abhanden gekommen, sollten Besitzer sie sofort sperren, wenn sie den Verlust bemerken. Die zentrale Sperrnotrufnummer 116 116 ist rund um die Uhr erreichbar. Anrufe aus Deutschland sind kostenfrei.

Senioren seien nicht mehr so wehrhaft und kritisch – und zudem oft froh über den Kontakt, meint Ralf Stetza, ehrenamtlicher
Seniorensicherheitsberater in Solingen und ehemaliger Polizist. Aber nicht nur «einfache Menschen» würden zu Opfern, sagt er – sondern auch beispielsweise Juristen. Die Betrüger nutzten die Angst der Menschen vor Einbrüchen aus.

Auch in anderen Bundesländern schießen die Deliktzahlen in die Höhe: In Baden-Württemberg weiß das LKA von mehr als 1000 Fällen bis Ende August – im gesamten vergangenen Jahr waren es 225. Ähnlich sieht es in Rheinland-Pfalz aus: Schon bis September zählten die Beamten dort doppelt so viele Fälle wie im ganzen Vorjahr. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Betrugsmasche laut LKA nach dem «Enkeltrick» die zweithäufigste Form von Trickstraftaten.

Zwar haben die Täter selten Erfolg, die Schadensumme ist teilweise jedoch enorm. Der Polizei in Münster zum Beispiel wurden seit Anfang September 100 Anrufe von falschen Polizisten gemeldet, nur bei sechs kam es zur Übergabe von Wertgegenständen, Schmuck oder Geld – insgesamt jedoch im Wert von mehreren 100 000 Euro. Die Schadenssumme in ganz NRW geht laut LKA in die Millionen. Die größte Beute in einem Einzelfall lag dort bisher bei über 520 000 Euro.

Menschen, die bereits Opfer eines Telefonbetrugs geworden sind, können laut BKA von den Täter noch einmal ins Visier genommen werden. Falsche Polizisten oder Staatsanwälte würden anrufen und behaupten, dass sich die Menschen durch die Erstzahlung strafbar gemacht hätten und ein angeblich eingeleitetes Ermittlungsverfahren nur gegen eine weitere Zahlung schnell und unkompliziert abwendbar sei. Die Opfer würden oft noch lange massiv unter Druck gesetzt.

Jürgen Waniek vom Kölner Kriminalkommissariat für Prävention und Opferschutz berichtet von besonders dreisten Taten, bei denen falsche Polizisten ihre Opfer vor vermeintlichen Polizisten warnten – tatsächlich handelte es sich aber um die echten Beamten.

Besonders tückisch: Auf dem Telefon-Display erscheint oft die «110» oder die Nummer von anderen Behörden wie dem BKA, was den Anrufer glaubwürdiger erscheinen lässt. Die Betrüger würden tatsächlich aber aus Call-Centern vor allem aus der Türkei anrufen, in Deutschland hätten sie Komplizen, sagt Lorenz. «Danach ist es schwierig, den tatsächlichen Anschluss rauszufinden.» Bei Betrugsstraftaten in NRW lag die Aufklärungsquote 2016 bei knapp elf Prozent. Bei einem echten Polizeianruf würden nie Notrufnummern erscheinen, so die Ermittler.

Jüngst führte eine Spur aus NRW in die internationale Organisierte Kriminalität. Anfang Oktober berichteten Polizei und Staatswaltschaft in Köln von einem gelungene Schlag gegen eine Tätergruppe: In Mönchengladbach war ein 24-Jähriger als mutmaßliche Schlüsselfigur festgenommen worden. Der Deutsche türkischer Herkunft soll mehrere Taten deutschlandweit koordiniert haben.

Die Zusammenarbeit mit der Türkei gestaltet sich schwierig: Anfragen würden oft gar nicht oder unzureichend beantwortet, heißt es beim bayerischen LKA. Zudem würden die Behörden keine Ermittlungen in Zusammenhang mit Hintermännern übernehmen.

Ein weiteres Problem: Nur etwa jeder fünfte bis siebte Fall von Telefonbetrug wird nach Angaben des BKA angezeigt. «Viele Opfer schämen sich, dass sie auf die Masche hereingefallen sind», erklärt eine Sprecherin.

Besonders wichtig ist die Prävention – die
Polizei warnt mittlerweile auf vielen Wegen. Im Kreis Neuss hängen seit einigen Wochen in Wartezimmern von Arztpraxen Themenplakate des LKA: Die Polizei würde niemals am Telefon zur Auskunft über Vermögensverhältnisse oder die Aufbewahrung von Wertsachen auffordern, heißt es darauf. «Rufen Sie im Verdachtsfall selbst die 110 an!»

Fotocredits: Martin Gerten
(dpa)

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