Als Zeuge im Gericht: Nur die Wahrheit sagen

Köln – Im Briefkasten liegt Post vom Gericht. Der Angeschriebene soll in einem Zivil- oder Strafprozess als Zeuge aussagen. Oft stellt sich dann beim Empfänger Nervosität ein. Schließlich gehört für den Durchschnittsbürger eine Zeugenladung nicht zum Alltag.

Die Aussagen von Zeugen sind in einem Verfahren jedoch oft von zentraler Bedeutung. Denn Richter müssen über einen Sachverhalt entscheiden, bei dem sie selbst nicht dabei waren. Damit sie ein gerechtes Urteil fällen können, sind sie auf die wahrheitsgemäße Schilderung des Geschehens angewiesen – also auf Menschen, die dabei waren oder etwas beobachtet haben.

«Insofern ist das Erscheinen vor Gericht eine wichtige staatsbürgerliche Pflicht, der man sich nicht entziehen kann», betont Wiebke Israel, Pressesprecherin des niedersächsischen Justizministeriums in Hannover.

Nur in Ausnahmefällen ist der Zeuge davon befreit. Das kann etwa eine ernsthafte Erkrankung oder ein gebuchter Auslandsaufenthalt sein. «Über diesen Verhinderungsgrund müssen geladene Zeugen das Gericht umgehend und gegebenenfalls unter Beifügung eines ärztlichen Attestes oder von Buchungsunterlagen informieren», rät Israel.

Ist der Zeuge der Auffassung, dass er nichts Wesentliches zum angegebenen Thema zu sagen hat, sollte er dies ebenfalls schriftlich begründen. Dann prüft das Gericht eine mögliche Abladung. Erfolgt sie nicht, muss der Zeuge erscheinen. Bleibt er der Verhandlung unentschuldigt fern, können auf ihn erhebliche Kosten zukommen – etwa Ausfallhonorare für Anwälte oder Sachverständige sowie ein Ordnungsgeld. Wer das Ordnungsgeld dann nicht zahlt, dem droht sogar eine Ordnungshaft. Soweit muss es aber nicht kommen. «Prinzipiell sollte jeder bedenken, dass er oder sie selbst einmal auf die Aussage eines Zeugen angewiesen sein kann», erklärt Israel.

Zum Gerichtstermin können Zeugen einen Anwalt als Beistand mitbringen. «Das ist vor allem dann ratsam, wenn der Fall komplex ist», sagt der Kölner Strafverteidiger Prof. Ulrich Sommer. Der Zeuge kann sich mit dem Anwalt beraten, bevor er auf Fragen des Gerichts oder von Verteidigern antwortet. «Das hemmt zwar im Verfahren den Redefluss, es ist aber das Recht eines jeden Zeugen», wendet Sommer ein.

Nicht immer muss der Zeuge vor Gericht aussagen. Unter Umständen kann er die Antwort auf bestimmte Fragen verweigern, erklärt Bianca Biwer vom Opferverband Weisser Ring. Das steht ihm etwa bei Ehegatten sowie nahen Verwandten zu. Das sogenannte Zeugnisverweigerungsrecht gilt auch für Verlobte sowie Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. «Das ist der Grund, warum Zeugen vor ihrer Vernehmung gefragt werden, ob sie mit dem Angeklagten oder einer der Prozessparteien verwandt oder verschwägert sind», fügt Israel hinzu.

Darüber hinaus gibt es auch ein Auskunftsverweigerungsrecht: wenn die Gefahr besteht, dass der Zeuge oder seine Angehörigen durch die Aussage wegen einer Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden, erläutert Biwer.

Ist der Zeuge gleichzeitig Opfer einer Straftat, kann in Ausnahmesituationen eine direkte Täterkonfrontation im Gerichtssaal vermieden werden. Der Angeklagte wird dann etwa vom Richter aufgefordert, während der Zeugenvernehmung den Saal zu verlassen. Zum Schutz ihrer Privatsphäre oder von Betriebsgeheimnissen haben Zeugen unter Umständen auch ein Recht auf Ausschluss der Öffentlichkeit.

Hat ein Zeuge vor Gericht eine Aussage getroffen, muss er unter Umständen schwören, dass er die Wahrheit sagt. «In Strafprozessen kommt das häufiger vor als bei Zivilverfahren», sagt Sommer. Unter dem Strich sei eine Vereidigung aber eher selten. Dennoch sei es wichtig, dass der Zeuge vor Gericht immer die Wahrheit sagt – also nichts weglässt und auch nichts hinzufügt, warnt Israel. Denn wer etwas nachlässig aussagt und darauf vereidigt wird, macht sich strafbar. Dann kann eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren drohen. Also besser: Wenn man etwas nicht sicher weiß, dies auch angeben.

Grundsätzlich haben Zeugen, die das Gericht geladen hat, einen Anspruch auf eine Entschädigung für einen Verdienstausfall, sagt Israel. Auch Auslagen wie etwa Reisekosten können ersetzt werden. Zeugen müssen die Entschädigung beantragen – der Anspruch erlischt erst drei Monate nach dem Verhandlungstermin.

Fotocredits: Arne Dedert
(dpa/tmn)

(dpa)

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