Womit lässt sich wirklich abnehmen?

Frankfurt/Main – Die Temperatur sinkt langsam, aber stetig. Am Ende zeigen die roten Ziffern über der Kabine den unglaublichen Wert von minus 145 Grad Celsius an.

Was nach Trainingscamp für eine Alaska-Reise klingt, ist tatsächlich eine Behandlung in einem Frankfurter Kälteclub. Versprochen wird der rasche Verlust überflüssiger Pfunde, da die Minusgrade den Stoffwechsel anheizen sollen. Jetzt im Frühjahr können sich nicht nur die Betreiber dieses Angebots für Diätwillige über regen Zuspruch freuen.

Abnehmen durch Kälte?

Die extreme Kälte sei für die Kunden unschädlich, sagt Renate Süssenguth, die Leiterin des Kälteclubs «Cryosizer». Denn es handele sich um trockene Kälte, die mit Hilfe von Stickstoff erzeugt wird. «Das fühlt sich ganz anders an, als wenn man etwa draußen unterwegs wäre.»

Die Kunden ziehen sich zuerst bis auf die Unterwäsche aus. Für die Füße erhalten sie wärmende Wollschuhe und steigen ansonsten ungeschützt in die Kältekabine, nur der Kopf ragt oben heraus. Nach und nach wird Stickstoffnebel in das silberne Gehäuse geblasen. «Es wird langsam runtergekühlt, damit sich der Körper daran gewöhnen kann», sagt Süssenguth. Sie überwacht und steuert die Behandlung über einen Touchscreen direkt neben der Kabine.

Nachfrage gebe es aus allen Altersgruppen, vielen Kunden seien Kältebehandlungen aus der Rheumatherapie bekannt. Ähnliche Konzepte sind unter anderem aus der Sportmedizin bekannt, die Kälte soll die Regeneration fördern. Autoren der
Deutschen Sporthochschule Kölnäußerten sich in einer Studie allerdings skeptisch dazu.

Wissenschaftliche Belege fehlen

Der Lübecker Endokrinologe und Stoffwechselforscher Sebastian Schmid spricht von einem hochinteressanten Konzept. Ob damit tatsächlich eine Gewichtsabnahme möglich ist, sei aber unklar. «Es gibt keinerlei wissenschaftliche Daten dafür, das ist schlichtweg nicht untersucht», sagt der Professor.

Er habe bei zwei Herstellern angefragt, ob seine Arbeitsgruppe eine Kältekammer ein Jahr lang auf ihre Wirkung auf Stoffwechsel, Blutdruck und Gewicht untersuchen könne, doch Absagen erhalten. Auch mögliche Nachteile seien deshalb nicht untersucht. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, offenen Hauterkrankungen oder psychischen Problemen wie Klaustrophobie rate er ab, in eine Kältekammer zu steigen, sagte Schmid.

Neben der extremen Kälte gibt es zahlreiche andere Angebote, die einen schnellen Weg zur Traumfigur versprechen: Training auf speziellen Vakuum-Laufbändern etwa oder Muskelstärkung mit elektronischen Impulsen – nur 20 Minuten wöchentlich sollen hier laut Werbung genügen, um eine schlankere Linie zu erreichen. Wem die Kältekammer nicht zusagt, der kann es als Kontrastprogramm zudem mit Hot Yoga bei 39 Grad und 40 Prozent Luftfeuchtigkeit versuchen.

Ernährungsumstellung empfohlen

Die
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat zum Frühjahr mehrere Diäten und Fastenprogramme bewertet und betont: Wichtig sei in jedem Fall ein langfristiger und alltagstauglicher Ansatz. «Denn ansonsten steigt das Körpergewicht wieder, wenn man in alte Gewohnheiten zurückfällt», sagt Sprecherin Antje Gahl.

Vor Crash-Diäten warnt sie: «Ein halbes bis ein Kilo pro Woche ist schon ganz ordentlich.» Wer mehr abnehme, laufe Gefahr, durch den Jo-Jo-Effekt am Ende mehr zu wiegen als zuvor. Eine dauerhafte Gewichtsabnahme gelinge nur bei einer langfristigen Umstellung der Ernährung und täglich etwa 30 bis 60 Minuten körperlicher Aktivität, erklärt die DGE.

Eine Ernährung mit viel Gemüse und Obst, dafür wenig Süßigkeiten, Alkohol und Weißmehl-Produkten sowie zusätzliche Bewegung reichten in vielen Fällen schon aus, um drei bis vier Kilo zu verlieren, sagt Sprecherin Gahl. Viel Geld für ein Schlankheitsprogramm müsse man also eigentlich nicht ausgeben.

Fotocredits: Silas Stein
(dpa/tmn)

(dpa)

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